Die Vorbereitung

Die Schwäbische Zeitung informierte die Ravensburger Öffentlichkeit über »Das Großprojekt dreier Gymnasien: Anatevka« erstmals in einem ausführlichen Bericht, dem die folgenden Auszüge entnommen sind:

»Seit fast einem Jahr studieren die drei städtischen Gymnasien das Musical »Anatevka« ein, ein Großprojekt mit rund 200 Mitwirkenden. Premiere ist am 6. November zum 100jährigen Jubiläum des Konzerthauses.

[…]

Als sich im Frühjahr diesen Jahres die Lehrer Heinz Hübner (Hauptdarsteller des Musicals), Werner Knieps (Regisseur), Karl-Peter Müller (Organisation) und Uwe Lüer (Orchester, Chor) endgültig dazu entschlossen hatten, Anatevka auf die Bühne zu bringen, wußten sie zwar um die Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens. Doch, so die Lehrer, sei es ihnen erst nach und nach bewußt geworden, was es für die Schulen bedeutet, ein solches Projekt gestartet zu haben. Nicht nur, daß der reguläre Untericht schwer unter den intensiven Probenarbeiten zu leiden hatte. Es ist auch, so Karl-Peter Müller, kaum möglich, die etwa 200 direkt Beteiligten einmal geschlossen proben zu lassen. Denn außer den Schülern und Lehrern der drei Gymnasien wirken auch berufstätige Erwachsene und Schüler anderer Schulen (meist Familienmitglieder von Schülern der städtischen Gymnasien) mit. So konnte meist nur samstags einigermaßen geschlossen geprobt werden. Und manch zusätzlicher Probentermin mußte auch abends angesetzt werden, was für die jüngsten Teilnehmer, die zum Teil erst sechs Jahre alt sind, wiederum zum Problem wurde. Erst drei Monate nach Probenaufnahmen konnte erstmals eine Gesamtaufführung im Konzerthaus stattfinden.

Die nächste Schwierigkeit bestand in der Länge des Musicals. Dreieinhalb Stunden Aufführungsdauer sind, so Werner Knieps, ein Unding sowohl für die Darsteller, die schließlich keine professionellen Schauspieler sind, als auch für die Zuschauer. So mußte also die Originalfassung des Musicals gekürzt werden, ohne dabei wesentliche Teile der Handlung zu verändern.

[…] Doch es gab noch andere Probleme. Wer konnte auch ahnen, daß für die Proben im Konzerthaus lediglich drei Termine zur Verfügung gestellt werden und in der übrigen Zeit die alte Spohnturnhalle als Probenraum würde herhalten müssen? Improvisation ist also alles. […]«

Die Aufführungen

Trotz aller Schwierigkeiten im Vorfeld, trotz der vielen Improvisationen: Die letztendlich vier Aufführungen waren ein überwältigender Erfolg, dem die Kritik in der Schwäbischen Zeitung unter der Überschrift »Einen gewaltigen Brocken auf die Bühne gebracht« in keiner Weise gerecht wurde. Dr. Thomas Knubben, der Leiter des Kulturamts der Stadt Ravensburg, gratulierte denn auch in einem Brief an den technischen Leiter des Projekts, Karl-Peter Müller, allen Mitwirkenden »zu der wunderbar gelungenen Aufführung«. Er beschreibt seine Eindrücke so:

»Natürlich war und ist ›Anatevka‹ ein großer Brocken, aber als Zuschauer hatte man das Gefühl, daß das Stück den Gymnasien und ihren (Haupt-)Darstellern geradezu auf den Leib geschnitten ist – in seiner Verbindung von Schauspiel, Musik und Tanz, in seiner Mischung aus Witz und Melancholie, erzählerischer Handlung und historischem Hintergrund.

Wie nun die Regie und alle Akteure diese Anlagen aufgenommen und in eine aktuelle Aufführung übersetzt haben, war einfach überzeugend und gekonnt – ohne viel Brimborium und doch voller Überraschungen und innerer Konsequenz. Allein wie sich der Milchwagen zu Sabbattisch zum Bettgestell zum Baldachin zum Fluchtgerät verwandelt, aber auch, wie die Chagallbilder das Geschehen auf stille Weise begleiten, wie der Chor die Hauptdarsteller umfängt, wie die Konzerthausarchitektur in die Inszenierung eingebunden ist, wie die Traumsequenz mit schwarzem Theater gelöst wurde – all das hat uns Zuschauer gepackt, gebannt, mitgerissen und immer wieder auch dahinschmelzen lassen.«

Spohn-Beteiligung bei Anatevka

Unsere Schule stellte gleich drei Solisten: Herrn von Blume als Fleischermeister Lazar Wolf, Herrn Berger als Schneider Mottel und Herrn Jost als Wachtmeister. Frau Knubben war verantwortlich für die Choreographie der Tanzszenen und für das Schwarze Theater und kümmerte sich darüber hinaus noch um die Kostüme. Frau Peters und Herr Droste sangen im Chor mit; Herr Droste war außerdem im Organisationsteam tätig. In Chor und Orchester, beim Schwarzen Theater und als Tänzer waren rund 20 Spohn-Schüler am Projekt »Anatevka« beteiligt, und erfreulicherweise engagierten sich auch einige Eltern.

Natürlich war es unvermeidlich, daß in den Vorbereitungswochen der Unterricht unter »Anatevka« litt. Da die Proben in den Wochen vor den Aufführungen teilweise am Vormittag stattfanden, mußten manche Stunden der probenden Solisten vertreten werden oder, wenn es gar nicht anders ging, auch ausfallen. Für die beteiligten Lehrer ging die Belastung zeitweise bis an die Grenze, und auch die nicht unmittelbar Beteiligten wurden durch Vertretungsstunden zusätzlich belastet. Auch die beteiligten Schüler waren durch die vielen Proben zeitlich erheblich belastet.

Eindrücke beteiligter Spohn-Eltern

[…]


Jahrbuch-Redaktion (Impressum). Letzte Änderung: 2. Oktober 2003, Lars Trebing.